pt 1 Brüderliche Liebe durch mystische Genossenschaft
pt 3 Römisches Regime: Schmelztiegel der Ideologien
pt 4 Jesus 325 nach Christus in Nicäa zum Gott gewählt
pt 5 Das Puzzle um Abraham und die Schäfer-Könige
pt 6 Mächtige Mysterien, die Geheimhaltung erfordern
pt 7 Symbiotische Inkulturation des Zynismus am Nil
pt 8 Lieber sterben als das heilige Vertrauen verraten
pt 9 Magier, die Steine zum Reden bringen konnten
pt 10 Macht der Loge als Basis für stabile Entwicklung
pt 11 Schwammige Gottheiten für jeden Geschmack
pt 12 Qumraner-Mönche Vorbild römischer Ordensritter
pt 13 Politikmagier die das kulturell Heilige verkörpern
pt 14 Verantwortlich für 2000 Jahre Antisemitismus
pt 15 Wie Paul das Christentums erfand
pt 16 Jahbulon in Ordo-Templi-Orientis-Ritualen
pt 17 Inquisitorischer, mörderischer Kreuzigungskult
pt 18 Freimaurer als Erben der echten Lehren Jesu
pt 19 Freimaurer-Netzwerk mit 100.000 Terrorzellen
Die Auferstehung Jesu und seine Auffahrt gen Himmel wörtlich zu nehmen, zeitigte große Konsequenzen, denn auf den Berichten der 12 Apostel von der Auferstehung und Auffahrt Jesu beruht schließlich die gesamte Autorität der römisch-katholischen Kirche. Diese in sich abgeschlossene und unwiderlegbare Erfahrung hatte großen Einfluss auf die politische Struktur der frühen Kirche.
Die Führung der Kirche wurde so auf einen kleinen Kreis beschränkt, der unumstößliche Autorität besaß und sich das Recht nahm, seine Nachfolge selbst zu bestimmen. Dies führte zu einer Auffassung religiöser Autorität, die bis heute überlebt hat: dass nämlich nur die Apostel definitiv religiöse Autorität besaßen und dass ihre einzigen legitimen Erben Priester und Bischöfe sind, die sich bei ihrer Ordination auf diese Nachfolge berufen. Selbst heute noch führt der Papst seine Autorität auf Petrus zurück, den ersten unter den Aposteln, der Zeuge der Auferstehung wurde. Diese Sichtweise ist sehr bequem, wenn das Interesse einer Organisation darin besteht, alle religiöse Macht in Händen zu halten. Es lag somit im Interesse der Führer der Urkirche, die Auferstehung buchstäblich wörtlich zu nehmen, weil sie damit selbst zur unfehlbaren Quelle der Autorität wurden. Weil niemand aus den folgenden Generationen den gleichen Zugang zu Christus hatte wie die Apostel, musste jeder Gläubige zur Kirche nach Rom schauen, die ja von den Aposteln gegründet worden war, und ihre Bischöfe als Autorität ansehen.
Die gnostische Kirche nannte diese unkritische Ansicht der Auferstehung "den Glauben von Narren" und behauptete, diejenigen, die verkündeten, dass ihr toter Meister leiblich auferstanden sei, würden eine spirituelle Weisheit für ein wirklich geschehenes Ereignis halten.
Und:
Keine zweite Auferstehung eines Christen (nach Christus) möglich –
aus politischen bzw. spirituell-politischen Gründen
In der " Apokalypse des Petrus" wird die gnostische Sicht deutlich, als der auferstandene Christus die religiöse Autorität hinterfragt und Petrus erklärt:
Dieser Standpunkt wurde von den Gelehrten, die die gnostischen Evangelien übersetzt hatten, aufgenommen und erweitert. Uns beiden raubte die politische Bedeutung des Gedankens an eine Auferstehung während des Lebens förmlich den Atem, als wir eines Nachmittags in der Unibibliothek in Sheffield diesen Kommentar von Elaine Pagels in ihrem Buch "Versuchung durch Erkenntnis" fanden:"Die, die sich Bischof und Diakon nennen und sich benehmen, als stamme ihre Autorität von Gott, sind in Wirklichkeit wie wasserlose Kanäle (Nag Hammadi). Obwohl sie keine Ahnung von Mysterien haben, prahlen sie damit, dass das Mysterium der Wahrheit ihnen allein gehöre.
Sie haben die Lehren der Apostel falsch verstanden und anstelle einer wahren christlichen Bruderschaft eine falsche Kirche errichtet."
Wir wissen heute, dass die Interpretation der Auferstehung eine ungeheure Streitquelle in der Urkirche war und dass es eine geheime Überlieferung bezüglich einer seelischen Auferstehung während des Lebens gab, die man einer Gruppe von Christen zuschrieb, die Gnostiker hießen."Auch wenn man die politischen Implikationen der Lehre von der Auferstehung erkennt, erklärt dies noch nicht ihre außerordentliche Wirkung auf die religiöse Erfahrung der Christen. [...] Aber für die Sozialordnung hatte die orthodoxe Lehre [...] ganz andere Wirkung: Sie legitimierte eine Hierarchie von Menschen, deren Vollmacht nun für alle anderen den Zugang zu Gott vermittelte. Die gnostische Lehre war, wie Irenäus und Tertullian erkannt hatten, für diese Ordnung potentiell zerstörerisch: Sie versprach jedem Eingeweihten einen direkten Zugang zu Gott, den die Priester und Bischöfe selbst vielleicht gar nicht kannten."
Sie wurden aus politischen Gründen als Häretiker denunziert, weil ihr Wunsch, Wissen zu erlangen, die Autorität der Bischöfe der orthodoxen Kirche unterminierte.
Wir hatten vermutet, dass die Templer eine Schriftrolle gefunden hatten, die ihre Sicht der Welt umgeworfen hatte. In dem Bemühen, herauszufinden, was sie entdeckt hatten, schauten wir uns eine Reihe von frühchristlichen Schriften an, die man im Allgemeinen die gnostischen Evangelien nennt. Wir schlossen, dass das Konzept "Gnosis" (Wissen) das Gegenteil des kirchlichen "Glaubens" ist und dass es sich hierbei um eine Denkart handelt, die gut mit der Freimaurerei zusammenpasst. Wir waren zu dem Schluss gekommen, dass die selektive Doktrin der frühen Kirche ihre Ursache nicht nur in religiöser Meinung, sondern auch in politischer Nützlichkeit hatte.
In den Nag-Hammadi-Schriften, die zwischen 350 und 400 v.Chr. versteckt und in Ägypten wiederentdeckt worden waren, fanden wir eine sehr unterschiedliche Interpretation vom Wirklichkeitsgrad der Auferstehung Jesus'. Hier lebt eine gnostisch-christliche Tradition der lebendigen Auferstehung, die uns sehr an die freimaurerische Zeremonie des dritten Grades erinnerte.
Der Glaube an die wirkliche Auferstehung des Körpers Jesus', der dann in den Himmel aufsteigt, ist ein wichtiger Machtfaktor für die katholische Kirche in Rom. Deren Autorität gründet sich auf die Aussagen der 12 Apostel, die die Auferstehung bezeugten – ein Erlebnis, von dem alle nachfolgenden Christen ausgeschlossen waren.
Dieses einzigartige Zeugnis war die Quelle der Macht des Bischofs von Rom in der Struktur der frühen Kirche und gab ihm die unangefochtene Herrschaft über alle, die glaubten.
Und:
Die Zeitmaschine von Santa Satan
5. Jesus Christus: Mensch, Gott, Mythos oder Freimaurer? [...]
Ein grundlegendes Problem für die Kirche liegt in der unausweichlichen Tatsache, dass der gesamte zentrale Mythos, um den es hier geht, in die Zeit vor Jesus zurückreicht.
Das Gerüst dieses Mythos ist so alt wie die Menschheit selbst – von der jungfräulichen Geburt in der finsteren Höhle bis zum Opfertod, der die Gläubigen rettet – das ist immer wieder für religiöse Leitbilder so aufgeschrieben worden.
Das sind nicht nur bloße Ähnlichkeiten – die Geschichten sind absolut austauschbar.
Die Geschichte des Mithras – ein Kult, der zu Zeiten des römischen Imperiums ebenfalls sehr populär war – war so ähnlich, dass die Kirchenväter behaupteten, es müsse sich um ein Werk des Teufels handeln, das Christus lächerlich machen sollte. Die unglückliche Tatsache, dass es den Mithras-Kult schon lange vor der Geburt des christlichen Messias gab, fochten diese gebildeten Menschen nicht an, sie behaupteten einfach, dass der Teufel ein gerissener alter Fuchs sei und die Zeit zurückgedreht habe, um einen Menschen zur Welt kommen zu lassen, der die "offensichtliche" Einmaligkeit der Geschichte Jesus' in Misskredit bringen würde.
Hier nur eine Auswahl der alten Götter oder Religionsstifter, die zeitlich alle vor Christi Geburt lebten oder wirksam waren: (siehe Zeitgeist der Film pt 1)
Der Mithras-Kult ist ein syrischer Ableger des weit älteren persischen Kultes um Zoroaster, der etwa um 67 v.Chr. Einzug ins Römische Reich hielt. Seine Glaubenssätze enthielten die Taufe, ein Abendmahl mit sakramentalem Charakter, den Glauben an die Unsterblichkeit, einen Gottessohn, der starb und wieder auferstand, um so als Mittler zwischen Menschen und Gott zu dienen, die Auferstehung, das Jüngste Gericht sowie Himmel und Hölle. Interessanterweise fanden in den Zeremonien dieses Kultes Kerzen, Weihrauch und Glocken Verwendung. Seine Gläubigen erkannten die Göttlichkeit des Kaisers an und durften neben anderen Kulten ihren Glauben ausüben, obwohl sie die wahren Anhänger Jesu waren, wie wir später herausfanden.
Der Jerusalemer Kirche fehlten diese heidnischen Fallstricke, die später von den Römern hinzugefügt wurden, um eine hybride Theologie zu schaffen, die den Bedürfnissen der größtmöglichen Zahl von Bürgern entsprach.
Die Römer gingen von folgender Überlegung aus: Wenn die Plebejer ihren Aberglauben nun einmal brauchten, warum ihn dann nicht staatlich kontrollieren?
Der Name Jesus ist einfach eine griechische Übersetzung des hebräischen Namens Jehoshua [...]
Die jüdische Tradition besagt, dass Israels Könige durchaus auch als Messiasse galten. Für die Juden war es die Bezeichnung für einen künftigen König oder einen König im Wartestand, und wir können daher sicher annehmen, dass der jüdische Begriff des Messias keine übernatürlichen Implikationen kannte (wie es auch Sigmund Mowinckel in seinem Buch "Han som kommer" betonte).
Es verblüfft dann doch, dass "Messias" nur zweimal in der autorisierten Version des Alten Testaments und gar nicht im Neuen Testament vorkommt.
Doch zu Jesu Lebzeiten wurde dieser Begriff sehr populär unter den Juden, denn sie hofften auf eine Zukunft, in der sie sich wieder selbst regieren würden, anstatt unter der Kontrolle von Unterdrückern (sie nannten sie "Kittim") wie den Syrern, den Babyloniern oder – eben besonders zu dieser Zeit – den Römern zu stehen. [...]
Die Tatsache, dass das Wort "Messias" im Neuen Testament nicht gebraucht wird, kann nur dadurch erklärt werden, dass die Übersetzer der frühen Texte immer dann, wenn der hebräische Begriff "Messias" (in der Bedeutung "Retter") auftauchte, das griechische Wort "Christos" einsetzten.
Mit der Zeit ist die Bezeichnung "Christos" zum Synonym für Jesus Christus geworden, obwohl wir wissen, dass sie anfänglich häufiger angewandt wurde.
Für die späteren christlichen Kritiker des jüdischen Glaubens war die hebräische Bedeutung des Wortes "Messias" viel zu passiv und auch zu fremd. Daraus folgt dann, dass die griechische Übersetzung Untertöne eines geheimen hellenischen Kultes birgt und die übernatürliche Kraft, Seelen zu retten und die ganze Welt zu erlösen, ausdrückt. Norman Cohn trifft in seinem Buch "Cosmos, Chaos and the World to Come" die Situation genau, wenn er den jüdischen Messias so beschreibt:
Dass die Christen die Begründung für ihren Glauben aus dem Alten Testament beziehen, muss moderne jüdische Gelehrte ziemlich aufbringen, denn ihnen ist klar, dass ihr Erbe dazu benutzt wurde, einem römischen Mysterienkult, der zum Großteil persischen Ursprungs war, Glaubwürdigkeit zu verleihen."Er wird höchstens ein großer militärischer Führer und ein weiser und gerechter Herrscher sein, der von Jahwe angeleitet und von ihm ernannt wird, über sein Volk in Juda zu herrschen.
Die Bedeutung eines überirdischen Retters in Menschengestalt, die so wichtig im Zarathustrismus und so zentral im Christentum ist, ist in der hebräischen Bibel völlig unbekannt."
Diese Ausplünderung der 22 jüdischen Texte erfreute sich zu Beginn des 2. Jh.s großer Beliebtheit, als die Christen nach Begründungen suchten, die die Glaubenssätze ihres Kultes unterstützten.
Die Mitglieder der Urkirche betrachteten sich als Juden, und bis zum Ende des 1. Jh.s sah man allgemein die Christen als jüdische Sekte an. Doch zu Beginn des 2. Jh.s waren die meisten Christen nichtjüdische Konvertierte aus dem Römischen Reich, die sich überhaupt nicht mehr als Juden betrachteten. Diese kulturellen Freibeuter achteten gar nicht oder nur wenig auf den Kontext oder offizielle Interpretationen und zitierten unbekümmert aus jüdischen Texten, die von ihren Eigentümern nicht als Schriftgut angesehen wurden.
Das Alte Testament wurde bereits im 3. Jh. v.Chr. ins Griechische übersetzt. Diese Übersetzung heißt Septuaginta (das Kürzel LXX). Die Christen fügten neue Passagen und ganze Bücher ein und besaßen dann noch die Unverschämtheit, die Juden zu beschuldigen, sie hätten diese Stellen aus ihrem Kanon gestrichen! Diese ungeheure Behauptung wurde im christlichen Denken verinnerlicht und führte zu Akten des Vandalismus wie 1242 in Paris, als 24 Wagenladungen jüdischer Schriftrollen aus den Synagogen geraubt und dann verbrannt wurden, und 1262, als König Jaime I. von Aragon befahl, alle jüdischen Bücher zu vernichten.
Es gibt hier einen wichtigen Punkt, den man nicht ignorieren kann: Nirgendwo im Alten Testament wird das Kommen eines Retters der Welt prophezeit. Die Juden erwarteten einen Führer, der in der Nachfolge von David ein irdischer König sein würde – und so gern es einige Christen auch gesehen hätten, war Jesus nicht der Messias aus dem Geschlecht Davids, denn es gelang ihm nicht, der unbestrittene König von Israel zu werden. Für die Juden der damaligen Zeit – Jesus eingeschlossen – gab es keine andere Bedeutung des Wortes. Das ist keine Frage des Glaubens, sondern eine unbestreitbare Tatsache der Geschichte, die keine theologische Debatte zulässt.
Die Kirche weiß heute um dieses Missverständnis der Frühzeit und mag ja behaupten, dass ihre "spirituelle" Interpretation wahr und richtig ist – entgegen der Tatsache, dass die Juden dieses Wort in ganz anderem Sinn benutzten – doch trotzdem: Nachdem die Kirche einmal zugibt, dass die christliche und die jüdische Bedeutung des Wortes "Messias" nichts gemein haben, folgt daraus, dass die Kirche kein Recht hat, das Alte Testament als Beweisquelle für das Kommen ihres Christus zu benutzen.
Das zu tun ist schlicht Betrug.
Die Juden erwarteten keinen Gott oder den Retter der Welt, sie warteten einfach auf einen politischen Führer, der aus dem Geschlecht ihres ersten Königs stammte – David. [...] Ein weiteres Problem für die gesamte Christenheit ist der Glaube, dass Jesus einer magischen Vereinigung von Jahwe und Maria entstamme.
Wie wir bereits gesehen haben, ist diese Vereinigung von Gott und Frau eine uralte Notwendigkeit in den Kulturen des Mittleren Ostens, wenn es um die Zeugung von Halbgöttern geht. Die Rechtfertigung für diese Behauptung der Christen ist der Titel, den Jesus sich selbst gab – "Sohn Gottes", damals der Titel für jeden, der Anspruch auf den Königsthron erhob. Alle Könige – noch vor den Pharaonen – haben ihre Recht zu herrschen von ihrer göttlichen Abstammung abgeleitet.
Unser erstes Szenario war, dass zwei konkurrierende Messiasse unterschiedliche Gruppen in Judäa repräsentierten, denn es ist gut dokumentiert, dass es während der ersten beiden Jahrhunderte viele vermeintliche Anwärter auf den Titel eines Messias gab. Was wäre nun geschehen, wenn beide zur gleichen Zeit auf dem Höhepunkt ihrer Popularität gestanden hätten? Beide wären von ihren Anhängern Jesus genannt worden, denn es ist der Name, den man dem Retter des jüdischen Volkes gibt, dem, der den Juden Sieg und künftigen Wohlstand beschert.
Zum Zeitpunkt der Verhaftung könnte vielleicht eine dieser messianischen Gestalten unter dem Namen "Jesus, König der Juden" und die andere als "Jesus, Sohn Gottes" bekannt gewesen sein.
Als diese Kriminellen dann öffentlich vorgeführt wurden, ist Pontius Pilatus vielleicht aufgegangen, dass die Situation ziemlich explosiv wurde, und da er ein Blutbad fürchtete, in dem er eines der Opfer hätte sein können, bot er an, einen dieser gefangenen Messiasse freizulassen. Die Menge hatte zwischen ihrem königlichen Messias und dem priesterlichen Messias zu wählen – und sie wählte den letzteren.
Wir nennen dieses Szenario "Schrödingers-Katzen-Theorie des Messias", nach dem berühmten logischen Experiment, das zeigt, wie zwei verschiedene Ergebnisse in der seltsamen Welt der Quantenmechanik nebeneinander existieren können, denn man kann unmöglich sagen, ob der "echte" Jesus des christlichen Glaubens nun gekreuzigt oder freigelassen wurde. Die Geschichten der beiden Männer sind heute so vollständig miteinander verknüpft, dass die christlichen Sekten, die behaupten, Jesus sei nie gekreuzigt worden, völlig recht haben, und auch die Kirche, die sagt, dass er gekreuzigt wurde, nicht im Unrecht ist.
Die drei Hauptgruppen der Bevölkerung von Judäa im 1. Jh. waren Sadduzäer, Pharisäer und Essener. [...]
Die Sadduzäer bildeten durch ererbtes Recht die priesterliche und aristokratische Verwaltung von Jerusalem. Was ihre religiösen Ansichten anging, waren sie sehr konservativ, glaubten nicht an ein Leben nach dem Tod und betrachteten zweifelsfrei die komplexen Ansichten und Taten der Pharisäer als das Werk abergläubischer Narren. Sie führten das Land eher im römischen Sinn als im jüdischen, waren also das, was wir heute Kollaborateure nennen würden. Sie vertraten die Ansicht, dass jeder die Freiheit habe, sein Schicksal zu bestimmen, und im Gegensatz zu den Pharisäern glaubten sie, dass Geschichte nicht Teil eines göttlichen Planes sei, sondern ihren eigenen Weg nehme. Es ist gut dokumentiert, dass sie – obgleich sie reich waren und hoch oben auf der gesellschaftlichen Rangleiter standen – ungebildet, grob und extrem hart zu jedem waren, der das Gesetz brach oder sich in ihre Verwaltung einmischte. Sie waren keine Männer mit Idealen und Ideen, aber sie regierten das Land und nutzten alles zu ihrem Vorteil. Fairerweise muss gesagt werden, dass sie sich wahrscheinlich nicht von der herrschenden Klasse in den meisten Ländern bis heute unterschieden, aber sie als "religiöse Freidenker" zu bezeichnen, das ist nun soweit von der Wahrheit entfernt wie nur irgend möglich.
Andererseits waren die Pharisäer strenggenommen eigentlich keine Priester. Aber sie befolgten gläubig die Gebote und versuchten, sie in jedem Bereich ihres Lebens anzuwenden. Um die Gesetze völlig zu befolgen, hatten sie sich zur Unterstützung Interpretationen geschaffen, durch die jede Handlung genau bestimmt wurde. Sie schufen hohe Vorgaben, die heute die Grundlagen für das orthodoxe Judentum bilden, und ob jemand ihrem Glauben anhing oder nicht, war ihnen ziemlich egal. Traditionell war es so, dass die Anbetung Jahwes auf den Tempel von Jerusalem beschränkt war und unter Kontrolle des Hohenpriesters stattfinden musste, aber es waren letztendlich die Pharisäer, die die Grundlage für das System mit Rabbi und Synagoge schufen, sodass die Juden auf der ganzen Welt Zugang zu ihrem Gott haben können.
Heutzutage leben die Ängste und Hoffnungen der Pharisäer im orthodoxen Judentum fort.
Auf der ganzen Welt wird kein orthodoxer Jude am Sabbat Geschäfte machen oder Auto fahren, nähen oder flicken, Fernsehen schauen, kochen oder einen Schwamm ausdrücken, und sie werden auch keine Türklingel betätigen oder einen Aufzug benutzen.
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